Störungen der Fettsäure-Oxidation

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Kurzbeschreibung

Autosomal-rezessiv vererbte Störungen der Fettsäureoxidation, einschließlich Carnitinzyklusdefekten, Mittelketten-, Langketten-3-Hydroxy- und Sehr-Langketten-Acyl-CoA-Dehydrogenase Defizienz (MCADD, LCHADD, VLCADD) sowie Multiple-Acyl-CoA-Dehydrogenase Defizienz (MADD), beeinträchtigen die mitochondriale Oxidation von Fettsäuren und zeigen sich oft in früher Kindheit mit Symptomen wie Erbrechen, Lethargie und Hypoglykämie. Diese genetischen Störungen sind durch pathogene Varianten in spezifischen Genen verursacht, welche die entsprechenden Enzyme kodieren. Die Prognose hat sich durch Neugeborenen-Screening und diätetische Anpassungen verbessert, obwohl schwere Formen, besonders bei VLCADD und MADD, zu schweren metabolischen Krisen und sogar zum Tod führen können.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Zu den autosomal-rezessiv vererbten Störungen der Fettsäureoxidation gehören neben den Carnitinzyklusdefekten die Mittelketten-, Langketten-3-Hydroxy- und Sehr-Langketten-Acyl-CoA-Dehydrogenase Defizienz (MCADD, LCHADD, VLCADD). Zudem gehört auch die Multiple-Acyl-CoA-Dehydrogenase Defizienz (MADD), eine Störung des Elektronentransfers, dazu. MCADD, LCHADD und VLCADD sind Teil des Neugeborenen-Screenings, während die MADD in Deutschland aktuell nicht dazu zählt.

Kongenitale Störungen der mitochondrialen Oxidation der Fettsäuren, bzw. des Elektronentransfers (MADD), manifestieren sich insbesondere während Fastenperioden. Ein MCADD, LCHADD, VLCADD oder MADD zeigt sich bei den meisten Patienten im Säuglings- bis frühen Kindesalter und kann Symptome wie Erbrechen, Lethargie, Muskehypotonie und Hypoglykämie umfassen. Eine Herzbeteiligung ist häufig. Akute Episoden im Zusammenhang mit dem MCAD-, LCHADD- oder VLCADD-Mangel können durch Fastenzeiten oder durch Krankheiten wie z.B. virale Infektionen ausgelöst werden. Dieses Erkrankungsspektrum wird manchmal mit dem Reye-Syndrom verwechselt, einer schweren Erkrankung, die sich bei Kindern entwickeln kann, während sie scheinbar einer viralen Infektion wie Windpocken oder Grippe ausgesetzt sind. Die meisten Fälle von Reye-Syndrom stehen im Zusammenhang mit der Anwendung von Aspirin während einer Virusinfektion.

Mittelketten-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (MCADD)

MCADD ist durch pathogene Varianten im Gen ACADM bedingt. Die häufigste ursächliche Variante in Exon 11 führt zu einer Substitution von Lysin nach Glutaminsäure an Aminosäureposition 329 in der acadm. Sie ist bei ca. 90% der Allele von Patienten mit MCADD nachweisbar. Die Prävalenz liegt bei Neugeborenen bei 1:10.000. Wenn Fasten strikt vermieden wird, haben Patienten mit MCADD eine sehr gute Prognose. Weitere Informationen zur MCADD finden Sie hier.

Langketten-3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (LCHADD)

Ursache der autosomal-rezessiv vererbten LCHADD ist ein isolierter Mangel der Langketten-3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase, ein Enzym im Trifunktionalen Proteinkomplex (TFP). TFP ist ein Hetero-Oktamer, bestehend aus 4 Alpha- und 4 Beta-Untereinheiten, das drei Schritte in der mitochondrialen Beta-Oxidation von Fettsäuren katalysiert. Ursächlich für eine LCHADD sind pathogene Varianten in den Genen HADHA und HADHB, die für die Alpha- und Beta-Untereinheiten des TFP codieren. Die meisten Patienten mit europäischer Herkunft tragen die Variante c.1528G>C [p.(Glu510Gln)] in Exon 15 in homozygoter Form. Sie liegt in der katalytischen Stelle der LCHAD-Domäne der TFP-Alpha-Untereinheit. Die Prävalenz bei Neugeborenen liegt bei ca. 1:170.000. Die Prognose hat sich durch Früherkennung und aktuelle Behandlungsmethoden verbessert; das Erwachsenenalter wird bei Patienten mit einer LCHADD häufiger erreicht. Als Therapie sollte eine diätische Anpassung der Nahrungsfette mit Reduktion langkettiger Fettsäuren vorgenommen werden.

Sehr-Langketten-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (VLCADD)

Das Gen ACADVL codiert für das Enzym der sehr langkettigen Acyl-CoA-Dehydrogenase, welches zur Metabolisierung von sehr langkettigen Fettsäuren (z.B. die Ölsäure im Olivenöl) erforderlich ist. Ohne ausreichende Menge dieses Enzyms werden die sehr langkettigen Fettsäuren nicht richtig verstoffwechselt und infolgedessen nicht in Energie umgewandelt. Dies kann zu den charakteristischen Anzeichen und Symptomen wie Lethargie und Hypoglykämie führen. Die sehr langkettigen Fettsäuren oder deren Metabolite, die nur teilweise abgebaut wurden, können sich in Geweben wie Herz, Leber und Muskeln ansammeln und diese schädigen.

Klinisch ist die VLCADD sehr heterogen, lässt sich jedoch in drei Formen einteilen: Bei der schweren infantilen Form, die sich zwischen der Neonatalperiode bis zum ersten Lebensjahr manifestiert, ist die hohe Mortalitätsrate häufig bedingt durch hypoketotische Hypoglykämie, Leberfunktionsstörungen, Kardiomyopathien und Herzrhythmusstörungen. Hypoketotische Hypoglykämie ist auch das Leitsymptom der mittelschweren infantilen/kindlichen Form. Das Manifestationsalter liegt hier zwischen der frühen Neugeborenenzeit bis hin zum frühen Kindesalter. Bei älteren Kindern ab 10 Jahren und jungen Erwachsenen wird die späte myopathische Form manifest. Hier ist lediglich die Muskulatur betroffen. Eine myopathische VLCADD zeigt sich durch Myalgie, Rhabdomyolyse, Belastungsintoleranz oder Myoglobinurie. Fastenperioden, körperliche Belastung, Stress und Kälte oder Hitze sind auslösende Faktoren und sollten vermieden werden.

Letale Verläufe sind möglich, prognostisch haben aufgrund des Neugeborenen-Screenings alle Phänotypen jedoch verbesserte Behandlungsergebnisse. Mildere Formen haben bei Einhaltung der Behandlungspläne eine sehr viel günstigere Prognose. In Deutschland liegt die Prävalenz für eine VLCADD bei ca. 1:50.000.

MultipleAcyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (MADD) / Glutarazidurie Typ IIA, IIB, IIC

Eine Glutarazidurie Typ II wird verursacht durch pathogene Varianten in den Genen ETFA (Typ IIA), ETFB (Typ IIB) und ETFDH (Typ IIC), die für die alpha- und beta-Untereinheiten des Elektronentransferflavoprotein (ETF) und das ETF-Coenzym Q Oxidoreduktase codieren. Eine Funktionsstörung eines dieser beiden Flavoproteine führt zu einer gestörten Fettsäureoxidation. Patienten mit einer MADD können klinisch in drei weit gefasste Formen unterteilt werden:

  • Manifestation im Neugeborenenalter mit angeborenen Anomalien. Häufig Frühgeburten mit schwerer nicht-ketotischer Hypoglykämie, Hypotonie, Hepatomegalie und schwerer metabolischer Azidose innerhalb der ersten 24 Lebensstunden und fakultativ Fehlbildungen (dysplastische Nieren mit multiplen Zysten, Gehirnfehlbildungen), Gesichtsdysmorphien (tiefsitzende nach hinten rotierte Ohrmuscheln, hohe Stirn, hypoplastisches Mittelgesicht), prominenter Calcaneus und Anomalien der äußeren Genitalien. Die Patienten sterben in der Regel in der ersten Lebenswoche.
  • Manifestation im Neugeborenenalter ohne angeborene Anomalien. Manifestation üblicherweise in den ersten ein bis zwei Tagen nach Geburt mit Hypotonie, hypoketotischer Hypoglykämie, Hepatomegalie, metabolischer Azidose und Leukenzephalopathie. Die meisten Patienten versterben innerhalb der ersten Lebenswoche/n. Patienten, die mehrere Monate alt werden, sterben normalerweise an einer schweren Kardiomyopathie.
  • milde und/oder late-onset MADD. Diese Patienten haben eine günstigere Prognose und zeigen ein breites klinisches Spektrum, das in den ersten Lebensmonaten mit intermittierenden Episoden von Erbrechen, metabolischer Ketoazidose und hypoketotischer Hypoglykämie mit oder ohne kardiale Beteiligung bis hin zu akuter Reye-ähnlicher Krankheit mit Ketoazidose und Lipidspeichermyopathie bei Jugendlichen und Erwachsenen gekennzeichnet ist. Letztere sprechen häufig auf Riboflavin an und haben eine bessere Prognose. Therapie durch kohlenhydratreiche Ernährung und ggf. ß-Hydroxybutyrat in Krisen.
Störungen der Fettsäure-Oxidation
7 Gene
ACADM
ACADVL
ETFA
ETFB
ETFDH
HADHA
HADHB


zum Auftrag
Erkrankung
ICD—10
Gen
OMIM—G
Multiple-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (MAD-Mangel)E71.3ETFA608053
Mittelketten-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (MCAD)E71.3ACADM607008
Langketten-3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase-Defizienz (LCHAD)E71.-HADHB143450
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Literatur

letzte Aktualisierung: 12.7.2024

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