Nebenwirkungen und Therapieresistenz erschweren häufig die Auswahl der passenden Medikation. Der Standort Martinsried bietet seit 2001 einen umfassenden Service in der Beratung und Diagnostik genetisch bedingter Ursachen von Arzneimittelunverträglichkeiten und Therapieresistenzen. Diese enthält z.B. die Prüfung möglicher Arzneimittelinteraktionen bei Multimedikation oder eine Interpretation der Befunde des Therapeutischen Drugmonitorings im Hinblick einer pharmakogenetischen Diagnostik. Dadurch kann bereits im Vorfeld der Anforderung eruiert werden, welche Untersuchungen zur Klärung der medizinischen Fragestellung sinnvoll sind. Zudem kann auch nach Erhalt eines Befundes eine Beratung in Anspruch zu nehmen.
Die individuelle Wirkung einer Vielzahl von Medikamenten ist mitbestimmt von der genetischen Disposition des Patienten. Varianten in Genen, die Proteine mit pharmakologisch relevanter Funktion codieren (z.B. Enzyme, Transportproteine, Rezeptoren), können zu Veränderungen im Arzneimittelmetabolismus und -transport bzw. deren Zielstrukturen (Drug Targets) führen und dadurch die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Arzneimitteln beeinflussen. Die Einbeziehung pharmakogenetischer Befunde stellt daher neben dem Therapeutischem Drug Monitoring und der Arzneimittelinteraktionsprüfung einen nützlichen Baustein für die Therapieplanung dar.
Viele in der Onkologie eingesetzte Chemotherapeutika können gravierende, potentiell lebensbedrohliche Nebenwirkungen hervorrufen. Genetisch bedingte Enzymdefizienzen können einen verzögerten Wirkstoffabbau zur Folge haben, der zu einer Akkumulation des Arzneimittels im Körper und letztlich zu Intoxikationen führen kann. Eine pharmakogenetische Untersuchung vor Beginn dient einer individuellen Dosisanpassung und Vermeidung von Toxizitätsrisiken. Für die Wirkstoffe Irinotecan und 5-Flurouracil sind Test vor Therapiebeginn empfohlen bzw. vorgeschrieben.
Eine Vielzahl von Medikamenten wird über Cytochrom P450-Enzymen verstoffwechselt, für die verschiedene genetisch bedingte Metabolisierertypen bekannt sind. Die klinische Relevanz von Genotyp und Phänotyp im Bezug auf die Verträglichkeit und Wirksamkeit von Medikamenten ist für eine Reihe von CYP450-Enzymen gut charakterisiert und kann daher zur Optimierung der Therapieplanung herangezogen werden.
Die Therapie von Herz-Kreislauferkrankungen umfasst häufig eine Multimedikation. Durch die genetische Disposition des Patienten kann die Wirksamkeit und Verträglichkeit der eingesetzten Medikamente beeinflusset und die Dosisfindung erschwert werden. Für Medikamente wie Clopidogrel, Statine und ß-Blocker sind genetische Polymorphismen bekannt, die zu einem verzögerten oder beschleunigten Stoffwechsel und damit zu Unverträglichkeiten und Therapieresistenz führen können. Für Mavacamten ist eine Genotypisierung vor Therapiebeginn vom Hersteller vorgeschrieben. Die genetische Bestimmung des Metabolisisierertyps für die am Abbau der jeweiligen Wirkstoffe verantwortlichen Enzyme kann die Therapieplanung optimieren.
Eine Therapie mit Psychopharmaka wird häufig durch das Auftreten von Nebenwirkungen oder Therapieresistenzen erschwert. Diese können durch einen zu hohen oder unzureichenden Wirkspiegel der eingesetzten Medikamente bedingt sein. Pharmakogenetische Untersuchung dienen der Aufklärung einer möglichen genetischen Ursache für einen veränderten Arzneimittelmetabolismus und können so zur Therapieoptimierung beitragen. Im Bereich der Psychopharmaka-Therapie spielen besonders die Enzyme CYP2D6, CYP2C19 und CYP3A4 eine wichtige Rolle.
Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Schmerzmitteln kann durch die genetische Disposition der Patienten beeinflusst werden. Bei einer Therapie mit bestimmten Opioiden wie Codein, Tramadol, Oxycodon oder Tilidin besteht die Gefahr einer genetisch bedingten Therapieresistenz oder Intoxikation. Ursächlich sind bestimmte Varianten in CYP2D6– bzw. CYP2C19-Gen. Nichtsteroidale Antirheumatika werden unter anderem über CYP2C9 verstoffwechselt. Patienten mit herabgesetzter Enzymaktivität können daher erhöhte Spiegel dieser Wirkstoffe aufweisen, wodurch Unverträglichkeitsreaktionen auftreten können.
Die Therapie verschiedener Stoffwechselerkrankungen erfolgt mittlerweile mit Wirkstoffen, die die Funktion der jeweils betroffenen Proteine ganz oder teilweise wiederherstellen, so dass das die Symptome der jeweiligen Erkrankung deutlich abgemildert werden. Oftmals sprechen diese Medikamente jedoch nur bei Vorliegen bestimmter Varianten im krankheitsursächlichen Gen an. Hier dient eine genetische Untersuchung daher nicht nur der Bestätigung der Verdachtsdiagnose und der Abschätzung des Vererbungsrisikos, sondern auch zur Therapieplanung. Finden sie weitere Informationen bei den einzelnen Erkrankungen (Cystische Fibrose, Morbus Fabry).