Multiple endokrine Neoplasie Typ 2A und B (MEN2)

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Kurzbeschreibung

Das Multiple endokrine Neoplasie Typ 2 (MEN2)-Syndrom, das in die Unterformen MEN2A, MEN2B und das familiäre medulläre Schilddrüsenkarzinom (FMTC) unterteilt wird, ist eine seltene autosomal-dominant vererbte genetische Tumorerkrankung. Ein charakteristisches Merkmal aller MEN2-Formen ist das medulläre Schilddrüsenkarzinom, das bei fast 100% der Betroffenen auftritt. Ursächlich für alle Unterformen des MEN2-Syndroms sind pathogene Varianten im RET-Protoonkogen.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Das MEN2-Syndrom (multiple endokrine Neoplasie Typ 2A und B) ist eine seltene erbliche Tumorerkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang und einer Prävalenz von ca. 1:50.000. Klinisch unterscheidet man drei Unterformen: MEN2A, MEN2B und das familiäre medulläre Schilddrüsenkarzinom (familiar medullary thyroid cancer, FMTC). Charakteristisch für alle Varianten des MEN2-Syndroms ist das medulläre Schilddrüsenkarzinom, das bei nahezu 100% der Betroffenen auftritt. Das medulläre Schilddrüsenkarzinom macht etwa 5% aller Schilddrüsenkarzinome aus, und etwa 25% zeigen eine familiäre Häufung und treten im Rahmen des multiplen endokrinen Neoplasie-Syndroms auf.

MEN2A (OMIM 171400)

MEN2A ist mit etwa 75-80% die häufigste klinische Form. Neben dem medullären Schilddrüsenkarzinom (MTC), das im frühen Erwachsenenalter auftritt (durchschnittlich mit 36 Jahren), werden bei ca. 50% der Betroffenen Phäochromozytome beobachtet, die meist nach oder gleichzeitig mit dem MTC diagnostiziert werden. In ca. 30% der Fälle treten außerdem Nebenschilddrüsenadenome/-tumoren (primärer Hyperparathyreoidismus) auf. Patienten können in selten Fällen auch kutane Lichen Amyloidosen entwickeln. Klinisch gilt das MEN2A-Syndrom als gesichert, wenn zwei oder mehr MEN2A-assoziierte Tumoren diagnostiziert werden.

MEN2B (auch als MEN3 bezeichnet, OMIM 162300)

Neben dem MTC und Phäochromozytom manifestiert sich bei MEN2B-Patienten ein charakteristischer Phänotyp: typisch sind ein marfanoider Habitus, intestinale Ganglioneuromatosen und Schleimhautneuromatosen an Lippen, Wangen und Zunge, im Nasen- und Rachenraum, sowie an den Augenlidern. Das medulläre Schilddrüsenkarzinom verläuft bei MEN2B besonders aggressiv, und das Erkrankungsalter liegt häufig bereits im Kleinkind- oder Jugendalter. MEN2B ist mit einem Anteil von ca. 5% die seltenste Form.

FMTC (OMIM 155240)

In etwa 25% der MEN2-Fälle werden bei Betroffenen ausschließlich MTC’s diagnostiziert. Das Erkrankungsalter ist hierbei höher, verglichen zu MEN2A und MEN2B, zudem verläuft die Erkrankung in der Regel weniger aggressiv. Klinisch gilt das FMTC als gesichert, wenn es mindestens vier betroffene Familienmitglieder gibt.

Ursächlich für alle Unterformen des MEN2-Syndroms sind pathogene Varianten im RET-Protoonkogen, das einen Tyrosinkinase-Rezeptor codiert. Die Analyse von RET ist immer bei Nachweis eines medullären Schilddrüsenkarzinoms (unabhängig vom Erkrankungsalter) indiziert. Etwa 98% aller pathogenen Varianten in RET, die zur Aktivierung des Rezeptors führen, sind in den Exons 5, 8, 10, 11 und 13-16 lokalisiert (vgl. Abb.). Bleibt die molekulargenetische Untersuchung dieser Exons ohne Befund, ist die Untersuchung der verbleibenden kodierenden Exons zu empfehlen.

Im Gegensatz zu den aktivierenden pathogenen Varianten in RET und dem Auftreten des MEN2-Syndroms sind inaktivierende pathogene Varianten mit Morbus Hirschsprung (OMIM 142623) assoziiert. Die Analyse von RET ist bei allen Kindern mit Morbus Hirschsprung indiziert.

Hinweis zur prädiktiven Diagnostik:

Bei der prädiktiven Diagnostik werden gesunde Risikopersonen untersucht, in der Regel erstgradige Verwandte von Betroffenen. Laut Gendiagnostikgesetz (GenDG) soll bei jeder diagnostischen genetischen Untersuchung eine genetische Beratung angeboten werden. Bei prädiktiver genetischer Diagnostik muss laut GenDG vor der Untersuchung und nach Vorliegen des Resultats genetisch beraten werden (§10, Abs. 2 GenDG).

Multiple endokrine Neoplasie Typ 2A und B (MEN2)
1 Gen
RET


zum Auftrag
Erkrankung
ICD—10
Gen
OMIM—G
--RET164761
Literatur

letzte Aktualisierung: 12.7.2024

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