Hypocholesterinämie, charakterisiert durch ungewöhnlich niedrige Cholesterinspiegel, wird durch genetische Varianten in verschiedenen Genen wie APOB, PCSK9 und ANGPTL3 verursacht. Die Abetalipoproteinämie (ABL), eine seltene autosomal-rezessive Erkrankung, resultiert aus Mutationen im MTTP-Gen und führt zu stark reduzierten Triglycerid- und Cholesterinspiegeln. Die Chylomikronen-Retentionserkrankung (CMRD) ist ebenfalls eine seltene Erkrankung, verursacht durch Varianten im SAR1B-Gen, und manifestiert sich früh in Form von Wachstumsstörungen und neurologischen Problemen.
Varianten in Genen, die einzeln oder in Kombination zu deutlich reduzierten Lipidspiegeln führen, sind selten. Hierzu zählt die familiäre Hypobetalipoproteinämie (FHBL), die durch trunkierende Varianten im APOB-Gen, sowie sog. loss-of-function (LOF)-Varianten in den Genen PCSK9 (proprotein convertase subtilisin/kexin type 9) und ANGPTL3 (angiopoietin-like protein 3) verursacht wird. Zu den Hypocholesterinämien zählen zudem die Abetalipoproteinämie (ABL) sowie die Chylomikronen-Retentionserkrankung (CMRD, chylomicron retention disease).
Abetalipoproteinämie (ABL) ist eine seltene autosomal-rezessiv vererbte Fettstoffwechselstörung, die durch sehr niedrige Triglyceride und Gesamtcholesterin (jeweils <30 mg/dl) sowie nicht nachweisbarem HDL- und LDL-Cholesterin und apoB gekennzeichnet ist. Die Prävalenz liegt bei <1:1.000.000. Sie ist auf pathogene Varianten im MTTP-Gen, welches für das mikrosomale Triglyzeridtransferprotein codiert, zurückzuführen. Mttp katalysiert im endoplasmatischen Reticulum den Transport von Neutralfetten auf das naszente apoB zur Bildung von VLDL und Chylomikronen in der Leber bzw. im Dünndarm. Unlipidiertes apoB ist für den proteasomalen Abbau bestimmt. Dies führt zu merklich reduzierten Triglyzerid- und LDL-Cholesterin-Spiegeln, weil apoB-haltige Lipoproteine im Plasma nicht vorhanden sind. Ähnlich der FHBL ist die Entstehung von VLDL ebenfalls inhibiert. Klinisch führt der reduzierte Export von Triglyzeriden aus der Leber zu einer Steatose. Zudem besteht im Zusammenhang mit einer ABL ein Mangel an fettlöslichen Vitaminen. Deswegen ist eine frühzeitige Diagnose einer HHBL und einer ABL wichtig. Klinische Symptome entstehen v.a. durch Fettmalabsorption und Mangel an fettlöslichen Vitaminen (v. a. Vitamin A, E und K). Im Kindesalter kann es zu Durchfällen und Entwicklungsverzögerung führen, während bei Erwachsenen eine spinozerebelläre Degeneration mit Ataxie und Entwicklung einer Retinitis pigmentosa auftreten können. Als Therapie wird eine hochkalorische, fettarme Ernährung mit Vitamin-Substitution eingesetzt.
Bei der Chylomikronen-Retentionserkrankung (CMRD, Anderson-Krankheit) handelt es sich um eine sehr seltene (Prävalenz <1:1.000.000) autosomal-rezessiv vererbte Form von familiärer Hypocholesterinämie, die bereits im Säuglingsalter oder in der frühen Kindheit durch Symptome wie Gedeihstörung, verzögertes Wachstum, Vitamin E-Mangel und Komplikationen mit Beteiligung der Leber, der Augen und des Nervensystems manifest wird. Aktuell sind ca. 60 Fälle weltweit beschrieben. CMRD wird durch homozygote oder kombiniert-heterozygote pathogene Varianten im SAR1B-Gen, das für das Protein secretion associated Ras related GTPase 1B codiert, verursacht. Das SAR1B-Protein ist am Transport der Chylomikronen vom endoplasmatischem Retikulum zum Golgi-Apparat beteiligt. Eine Störung dieses Transports führt zur Anhäufung von Prächylomikronen-Transportvesikeln im Zytoplasma der Darmzellen. Biochemisch zeigt sich ein typisches abnormes Lipidprofil mit Triglyzeridwerten im Normbereich bei gleichzeitiger, meist 50%iger Reduktion des Gesamt-, LDL- und HDL-Cholesterins. Eine erhöhte Creatin-Kinase kann ebenfalls ein Hinweis auf eine CMRD sein. Da die CMRD als sekundär bei chronischer Diarhhoe auftretender Mangelernährung interpretiert werden kann, wird die Diagnose oft erst verspätet gestellt. Zur Vorbeugung neurologischer Komplikationen sollte ein Vitamin E-Mangel vermieden werden. Die Therapie beinhaltet fettlösliche Vitaminzusätze und große Mengen an Vitamin E. Durch die zusätzliche Gabe von Vitamin A kann ophthalomologischen Komplikationen vorgebeugt werden, sowie einer Osteopenie durch Gabe von Vitamin D. Eine Diät mit nur geringen Mengen an langkettigen Fettsäuren reduziert das Auftreten von Erbrechen, Durchfall und Blähungen.
Erkrankung | Gen | Lipide | Symptome | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Familiäre Hypobetalipoproteinämie | trunkierende Varianten im APOB-Gen | ApoB < 5. Perzentile LDL-C 20-50 mg/dl | hepatische Steatose milde Erhöhung der Transaminasen | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Abetalipoproteinämie | MTTP-Gen | Triglyzeride < 30 mg/dl Cholesterin < 30 mg/dl LDL und ApoB nicht detektierbar | hepatische Steatose Malabsorption, Steatorrhö und Diarrhö Defizienz fettlöslicher Vitamine | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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letzte Aktualisierung: 12.7.2024