Gliome, speziell Glioblastom

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Kurzbeschreibung

Gliome sind die häufigsten primären Hirntumoren bei Erwachsenen und werden laut der WHO Klassifikation 2016 histomorphologisch und molekulargenetisch definiert. Die Klassifikation erfolgt anhand von genetischen Merkmalen wie IDH1/2-Varianten und LOH 1p/19q, welche die Prognose beeinflussen. IDH-veränderte Gliome sind mit jüngeren Patienten und einer günstigeren Prognose assoziiert. Therapeutisch relevant ist die MGMT-Promotormethylierung, die auf eine positive Reaktion auf Temozolomid-Chemotherapie hinweist, während TERT-Varianten und EGFR-Veränderungen mit einer schlechteren Prognose korreliert sind.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Gliome (Astrozytome, Oligodendrogliome und Glioblastome) sind mit ca. 50% die häufigsten primären Hirntumoren beim Erwachsenen. Sie werden in der neuen WHO Klassifikation 2016 histomorphologisch und molekulargenetisch definiert, und in WHO-Grad I bis IV eingeteilt.

Abb.: Flussdiagramm zur Klassifikation und Diagnostik der Gliome

Zunächst erfolgt eine biologische und prognostische Einordnung der WHO-Grad II bis III Gliome anhand des Auftretens von somatischen Varianten in den Genen IDH1 und IDH2. Pathogene Varianten in IDH1 und IDH2 lassen sich typischerweise bei über 70% der primären Astrozytome, Oligodendrogliome und sekundären Glioblastome nachweisen. Somit ist das Fehlen von Varianten in IDH1 und IDH2 beim Glioblastom mit primären Glioblastomen assoziiert. IDH-veränderte Gliome zeigen zudem einen eigenen klinischen Phänotyp: Die Patienten sind signifikant jünger als die Patienten mit IDH-Wildtyp-Gliomen und weisen häufig eine Lokalisation im Frontallappen sowie einen größeren Tumor zum Diagnosezeitpunkt auf.  Tumoren mit pathogenen Varianten in IDH1 und IDH2 sind zudem mit einer günstigeren Prognose assoziiert als Tumoren mit IDH1/2-Wildtyp.

Prognostisch kann nun über das Vorhandensein einer LOH 1p/19q eine weitere Einteilung erfolgen. Die günstigste Prognose weisen Oligodendrogliome mit Variante in IDH1 oder IDH2 sowie dem Vorliegen einer LOH 1p/19q auf (ca. 30% der WHO-Grad II-III Gliome). Eine intermediäre Prognose zeigen Astrozytome (ca. 50% der WHO-Grad II-III Gliome) und auch Glioblastome WHO Grad IV mit Variante in IDH1 oder IDH2 sowie dem Vorliegen von intaktem 1p/19q auf. Eine ungünstige Prognose findet sich bei Astrozytomen, diffusem Mittelliniengliom mit WHO Grad IV mit Histon H3 Lys27Met-Variante (ca. 20% der WHO-Grad II-III Gliome), aber auch Glioblastomen WHO Grad IV mit IDH1/2-Wildtyp und Vorliegen von intaktem 1p/19q.

Etwa 40% der IDH1/2-Wildtyp Glioblastome zeigen eine MGMT-Promotormethylierung. Temozolomid ist ein alkylierendes Zytostatikum, das einen G2/M-Arrest, Fehlpaarungen und somit Apoptose durch Hinzufügen einer Methylgruppe an die O6-Position von Guanin in der DNA indiziert. MGMT ist eine O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase und ein sogenanntes “Selbstmord”-DNA-Reparatur-Protein, das die durch Temozolomid induzierte Methylierung und somit den DNA-Schaden aufheben kann, indem es den Transfer der an die O6-Position von Guanin eingefügte Methylgruppe an den Cysteinrest der eigenen Position 145 katalysiert. Liegt jetzt eine Methylierung im MGMT-Promotor vor, so führt dies zu einer Stilllegung des Gens und somit zu einem Abschalten von MGMT. Daher ist eine MGMT-Promotormethylierung positiv für eine kombinierte Strahlentherapie und Temozolomid Chemotherapie. Eine sekundäre Resistenz gegen Temozolomid kann durch Varianten in TP53 und weiteren Genen des DNA-mismatch-Reparatursystems entstehen.

TERT-Varianten finden sich in ca. 72% der IDH-Wildtyp Glioblastome und 26% der IDH-mutierten Glioblastome. Es handelt sich häufig um Cys228Thr- und Cys250Thr-Varianten der Promotorregion. TERT-Promotorvarianten sind mit einem schlechten Überleben und einer Resistenz gegenüber einer Strahlentherapie assoziiert.

Etwa 50% der Glioblastome zeigen EGFR-Veränderungen (Amplifikation, Rearrangement oder Single-Nukleotid-Variante). Nahezu 20% der primären Glioblastome haben eine Deletion von Exon 2 bis 7, EGFRvIII, die mit einer EGFR-Amplifikation assoziiert ist. Patienten in Therapiestudien werden vorgängig auf eine EGFR- Amplifikation oder immunhistochemisch auf eine EGFRvIII Positivität geprüft.

Tab.: Schlüsselmerkmale von IDH-Wildtyp- und IDH-mutierten Glioblastomen (modifiziert nach Louis et al. 2016)

Glioblastom IDH-Wildtyp
Glioblastom IDH-mutiert
Synonymprimäres Glioblastom,
IDH-Wildtyp
sekundäres Glioblastom,
IDH-mutiert
Vorläuferläsionnicht identifizierbar;
entsteht de novo
diffuses Astrozytom
anaplastisches Astrozytom
Anteil an Glioblastomenca. 90 %ca. 10 %
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Literatur

letzte Aktualisierung: 12.7.2024

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