Die akute myeloische Leukämie (AML) ist eine heterogene hämatologische Erkrankung, die durch klonale Expansion myeloischer Blasten im Blut und Knochenmark charakterisiert ist. Ihre Klassifizierung basiert auf ontogenetischen, zytogenetischen und molekularen Merkmalen, wobei verschiedene Subtypen unterschiedliche Prognosen aufweisen. Diagnostisch relevant sind neben der Morphologie und Immunphänotypisierung insbesondere zytogenetische und molekulargenetische Untersuchungen, die klinische Verdachtsdiagnosen bestätigen und zur genaueren Subgruppen-Identifizierung beitragen können. Die WHO-Klassifikation definiert AML-Subgruppen unter anderem nach genetischen Veränderungen, wobei Varianten in bestimmten Genen wie FLT3, TP53, NPM1 und KMT2A für die Therapieplanung und Prognoseeinschätzung essenziell sind.
Die AML entsteht durch eine klonale Expansion myeloischer Blasten im peripheren Blut, Knochenmark und anderen Geweben. Es handelt sich dabei um eine heterogene Erkrankung mit einer Inzidenz von 3,7:100.000/Jahr und einem Altersmedian von 65 Jahren. Aus klinischer Sicht der Ontogenese können drei verschiedene Arten von AML wie folgt definiert werden: de novo AML, deren Auftreten nicht mit einer zuvor bekannten hämatologischen Erkrankung in Verbindung gebracht werden kann, sekundäre AML (s-AML), die im Zusammenhang mit myelodysplastischem Syndrom (MDS) oder myeloproliferativen Neoplasien (MPN) steht und therapiebezogene AML (t-AML), die sich sekundär nach einer zytotoxischen und/oder Bestrahlungs-Therapie entwickelt. Diese klinische Klassifizierung spiegelt jedoch nicht die hohe Heterogenität der AML wider, da jede klinische Kategorie viele verschiedene Formen mit unterschiedlicher Prognose und molekularen Merkmalen umfasst. Die AML ist charakterisiert durch einen Blastenanteil von mindestens 20% im Knochenmark, außer für AML mit t(15;17), t(8;21), inv(16) oder t(16;16). Der Nachweis spezifischer, klonaler Chromosomenanomalien kann die klinische Verdachtsdiagnose bestätigen und Hinweise auf den vorliegenden Subtyp der Erkrankung geben. Jedoch zeigen ca. 50% der Patienten einen normalen Karyotyp. Neben Translokationen und Inversionen können auch molekulargenetische Varianten auftreten. Patienten mit AML haben zum Diagnosezeitpunkt gemittelt drei erworbene Veränderungen. Daher gilt heutzutage eine Kombination aus zytogenetischen, molekularzytogenetischen und molekulargenetischen Verfahren mit den herkömmlichen diagnostischen Verfahren als am aussagekräftigsten. Zur genauen Subgruppen-Identifizierung ist neben der Morphologie und der Immunphänotypisierung, die Zytogenetik obligatorisch. Das diagnostische Vorgehen sollte zusätzlich mindestens das Screening auf Varianten in den Genen NPM1, CEBPA, RUNX1 enthalten, da diese Gene Subgruppen definieren, auf Varianten in FLT3 für eine mögliche Tytosinkinase-Inhibition sowie auf Varianten in TP53 und ASXL1, da diese mit einer ungünstigen Prognose assoziiert sind. Varianten in IDH1, IDH2 und KMT2A können unter bestimmten Voraussetzungen Basis für einen Einsatz zielgerichteter Therapien sein. Weiterhin kann die Sequenzierung eines größeren Genpanels zur Identifizierung von Hochrisiko-Neoplasien hilfreich sein.
Die WHO-Klassifikation definiert die Untergruppen der AML nach signifikanten zytogenetischen und molekulargenetischen Veränderungen, aber auch nach der Differenzierung:
AML mit wiederkehrenden genetischen Veränderungen (benötigt >=10% Blasten im Knochenmark oder peripheren Blut, Ausnahme AML mit BCR::ABL1-Fusion und AML-MR >=20% Blasten)
AML, definiert durch den Grad der Differenzierung:
Therapie-assoziierte myeloische Neoplasien(t-MNs) enthalten Therapie-assoziierte Fälle einer AML (t-AML), MDS (t-MDS) und myeloischer/myeloproliferativer Neoplasien (t-MDS/MPN), die als Komplikation einer zytotoxischen Chemotherapie und/oder Strahlentherapie einer vorangegangenen neoplastischen oder nicht-neoplastischen Erkrankung hervorgehen. Mehr als 90% der Patienten zeigen einen veränderten Karyotyp und 70% der Patienten zeigen unbalancierte chromosomale Veränderungen, häufig partieller Verlust von 5q, Verlust von Chromosom 7 oder eine Deletion in 7q. Die Prognose der t-MNs ist generell ungünstig.
AML, NOS beinhaltet alle Fälle, die nicht die Kriterien der vorher genannten Subgruppen erfüllen.
Tabelle: 2022 ELN Risikoklassifizierung nach Genetik bei Erstdiagnose
Risikogruppe | Genetische Veränderung |
günstig |
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intermediär |
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ungünstig |
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letzte Aktualisierung: 12.7.2024