Akute lymphatische Leukämie (ALL) ist eine aggressive Krebserkrankung, die durch die unkontrollierte Vermehrung abnormaler lymphatischer Vorläuferzellen im Knochenmark gekennzeichnet ist und sich häufig auf Blut, Lymphknoten und andere Organe ausbreitet. Die Diagnose basiert auf dem Nachweis von über 20% Knochenmark-Lymphoblasten. Die Klassifikation erfolgt nach Immunphänotypen, wobei B-ALL am häufigsten bei Kindern auftritt. Zytogenetische und molekulargenetische Veränderungen, wie die BCR::ABL1-Fusion oder ETV6::RUNX1-Fusion, sind bedeutend für die Prognose und die Behandlung.
ALL ist eine aggressive Form der Leukämie, die durch eine unkontrollierte Proliferation entarteter lymphatischer Vorläuferzellen, sog. Blasten, im Knochenmark gekennzeichnet ist. Typisch ist die Ausschwemmung der Blasten in das periphere Blut, sie kann sich jedoch prinzipiell auch auf die Lymphknoten, die Milz, die Leber, das zentrale Nervensystem (ZNS) und andere Organe ausbreiten. ALL tritt sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen auf. Es ist die häufigste Krebsart bei Kindern, die unter Behandlung gute Heilungschancen zulässt. Für Erwachsene ist die Prognose nicht so optimistisch. ALL entsteht aus der malignen Transformation von B- oder T-Zell-Vorläuferzellen. So unterscheidet man zwischen B-ALL (ca. 75-85% der Fälle) und T-ALL (ca. 15-25% der Fälle).
Die klinische Präsentation einer ALL ist typischerweise unspezifisch und kann Müdigkeit oder Lethargie, konstitutionelle Symptome (z. B. Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust), Atemnot, Schwindel, Infektionen und leichte Blutergüsse oder Blutungen aufweisen. Bei Kindern können als einziges Symptom Schmerzen in den Extremitäten oder Gelenken auftreten. In 20% der Patienten liegt eine Lymphadenopathie, Splenomegalie und/oder Hepatomegalie vor.
Die Diagnose einer ALL erfordert im Allgemeinen einen Nachweis von 20% oder mehr Knochenmark-Lymphoblasten. Ist die Erkrankung auf nodale oder extranodale Stellen ohne oder mit minimaler Beteiligung von Blut oder Knochenmark (allgemein definiert als <20 % Lymphoblasten im Knochenmark) beschränkt, stimmt dies mit der Diagnose eines lymphoblastischen Lymphoms überein.
Die Klassifikation der ALL basiert primär auf dem Immunphänotyp der Blasten, wobei die Expression unterschiedlicher Antigene an der Oberfläche bzw. im Zytoplasma der Blasten bestimmt wird. Die B-ALL wird je nach Differenzierungsgrad als pro-B, common-, prä-B und reifzellige B-ALL klassifiziert, während die T-ALL mit den Differenzierungsgraden frühe unreife, thymische und reifzellige T-ALL benannt wird.
B-ALL/LBL tritt vorwiegend bei Kindern mit 75% aller Fälle im Alter von <6 Jahren auf und ist die häufigste Leukämie in der Altersgruppe der Kinder. Einen zweiten Peak gibt es in der 5. Dekade. In der Mehrzahl der B-ALL-Fälle werden zytogenetische und/oder molekulargenetische Veränderungen beobachtet, welche die Zuordnung zu einer bestimmten klinischen Subgruppe mit eindeutigem Phänotyp und prognostischen und/oder therapeutischen Eigenschaften zulässt.
Die WHO-Klassifikation definiert die Untergruppen der B-ALL nach signifikanten zytogenetischen und/oder molekulargenetischen Veränderungen:
B-ALL/LBL mit wiederkehrenden genetischen Veränderungen:
Biomarker | Veränderung | Prognose | Vorhersage | Kommentar | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Hoch-Hyperdiploidie | 51–65 Chromosomen | Exzellente Prognose | - | Assoziiert mit pathogenen Varianten in Genen, die für Histon-Modifikatoren (z. B., CREBBP) und den RTK-RAS Signalweg (z. B., FLT3) codieren | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Niedrig-Hyperdiploidie | 47–50 Chromosomen | Schlechte Prognose | - | - | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Nahezu-Haploidie | 24–29 Chromosomen | Sehr schlechte Prognose | Bcl2-Inhibitoren | Kann mit Veränderungen in NF1, NRAS, KRAS, FLT3, etc. assoziiert sein | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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T-ALL/LBL, NOS macht etwa 15% der kindlichen ALL-Fälle und 25% der ALL-Fälle im Erwachsenenalter aus. Mehr als 90% der Fälle zeigen ein klonales Rearrangement der T-Zellrezeptorgene (TCRB und/oder TCRG) und in 20% der Fälle ein simultanes Vorliegen eines IGH-Rearrangements. In ca. 50-70% der Fälle mit einer T-ALL/LBL wird ein abnormaler Karyotyp gefunden. Dies betrifft vor allem Translokationen der alpha und delta TCR Loci in den Regionen 14q11.2, beta Lokus in 7q34 und gamma Lokus in 7p14.1 mit vielen unterschiedlichen Partnergenen wie z.B. TLX1, TLX3, TAL1, TAL2, LMO1, LMO2, LYL1, NKX-1,2,5, OLIG2 und HOXA oder auch MYC, MYB und LCK. Weitere wichtige Rearrangements beinhalten wie MLLT10, KMT2A, ABL1 und NUP98. Deletionen in T-ALL/LBL betreffen vor allem CDKN2A. Mehr als 75% der Fälle zeigen eine NOTCH1-Aktivierung durch Varianten in NOTCH1 (ca. 50%) und Varianten in FBXW7 (ca. 30%). Eine epigenetische Dysregulation kann durch Varianten in folgenden Genen erfolgen: PHF6, SUZ12, EZH2, TET2, H3F3A, KDM6A, EED, SETD2 und DNMT3A. Patienten mit Varianten in NOTCH1 und FBXW7 sind mit einer besseren Prognose assoziiert, während Patienten mit Varianten in PTEN und KMT2D eine ungünstige Prognose haben.
Die frühe T-Vorläufer-ALL (ETP-ALL) findet sich in 12-17% der kindlichen T-ALL und 22-40% der Erwachsenen-ALL und ist durch einen einzigartigen Immunphänotyp (CD3 (cytoplasmic +/surface-), CD1a-, CD8-, CD5- oder <75% positive Blasten CD5+, >= 25% Blasten positiv für >=1 myeloischen (CD11b, CD13, CD33, CD65, CD117) und/oder Stammzellmarker (CD34, HLA-DR)) charakterisiert ist. Im Gegensatz zur T-ALL/LBL, NOS finden sich meist keine Rearrangements der T-Zellrezeptorgene oder Varianten in NOTCH1. Das Mutationsprofil ähnelt dem von myeloischen Neoplasien mit Varianten im RAS-Signalweg (FLT3, NRAS, KRAS, ILR7, JAK3, JAK1, SH2B3, BRAF), hämatologischer Entwicklung (GATA3, ETV6, RUNX1, IKZF1) und Histon-Modifikationen (EZH2, EED, SUZ12, SETD2, EP300).
letzte Aktualisierung: 12.7.2024